19.04.2015: SC Brühl : FC Amriswil 1:1 (0:0)

Seit der Auftaktniederlage zur Rückrunde gegen den FC Rorschacherberg steht fest, dass sich das Team von Kronen-Trainer Pascal Frommenwiler im Abstiegssumpf befindet. Zwar steht man noch über dem Strich, aber die Luft für den Absenzen geplagten SC Brühl 2 ist dünner geworden.

Im zweiten Spiel der Rückrunde treffen die Brühler auf den souveränen Tabellenführer. Die albanische Mannschaft des FC Amriswil (Labinoti) ging in zwölf Spielen bereits neunmal als Sieger vom Platz und musste bis jetzt nur eine einzige Niederlage einstecken. Mit 42 erzielten Toren stellen die Gäste zudem die stärkste Offensive.

Das Hinspiel konnte der FC Amriswil bei strömend Regen in einer denkwürdigen Partie mit 4:2 (2:0) für sich entscheiden. Damals ging es auf und neben dem Platz drunter unter drüber. In der 85. Spielminute zückte der Schiedsrichter nach einer Tätlichkeit gleich zweimal den roten Karton und schickte die Spieler Baskim Kurtisi und Ljuljzim Seljimi (beide FC Amriswil) bereits vorzeitig unter die Dusche.

Kommt aus Brühler Sicht heute der falsche Gegner zur falschen Zeit ins Gründenmoos?

 

 

 

 

 1. Halbzeit:

Erstmals überhaupt spielten die Kronen in einem 4-1-4-1 System. Trainer Pascal Frommenwiler sprach bereits im Vorfeld davon, dass man durch diese Massnahme ganz klar das Mittelfeld kompakter machen will.

Die Marschrichtung beim Heimteam war klar: abwarten und den Gegner zwingen das Spiel zu machen. 

Durch die Sandwich-Position zwischen Abwehr und Mittelfeld (gespielt von Zaafir Giger) konnte man jederzeit den ballführenden Gegenspieler doppeln. Weil der FC Amriswil im zu erwartenden 4-4-2 System spielte, konnten die Kronen zudem im Mittelfeld problemlos Überzahlsituationen schaffen.

Der Kronen-Trainer bewies sich als Taktikfuchs.

Das Heimteam agierte äusserst entschlossen und selbstbewusst. Von Underdog war überhaupt nichts zu sehen. Ganz im Gegenteil! In der Kabinenansprache hat man beim SCB 2 offenbar die richtigen Worte gefunden. Die mentale Emotionsspritze und die glasklaren Worte des Trainers zeigten ihre Wirkung.

Der SC Brühl nahm die zu erwartend hart geführten Zweikämpfe des Gegners kommentarlos an und legte im Rahmen des Regelwerkes sogar noch eine Schippe drauf. Keine Kompromisse, kein Firlefranz, keine Angst, keine Ausreden. Ein absolut probates Mittel, wenn man gegen den FC Amriswil bestehen will.

Die Gäste waren sichtlich überrascht von der Geradlinigkeit der Kronen. Zaafir Giger liess auf seiner Position vor der Abwehr-Viererkette nichts anbrennen und spielte beeindruckend souverän seinen Aufgabenkatalog hinunter. Es war ein Augenschmaus dem filigranen und pfeilschnellen Giger zuzusehen. Immer wieder bot er sich als Anspielstation an und war dadurch Bindeglied zwischen Abwehr und Mittelfeld.

Im Mittelfeld das gleiche Bild. Eric Hug, für den es sowieso keine Kompromisse gibt, gewann wichtige Zweikämpfe und rackerte bis zum Umfallen. Nach einer guten Offensivaktion des Heimteams verfehlte sein Schuss nur ganz knapp das gegnerische Tor. Immer wieder spielte er vertikale Zuspiele durch die massierte Abwehr des Gegners und sorgte damit für Gefahr.

Der FC Amriswil zeigte sich bemüht das Spieldiktat in die Hand zu nehmen, hatte gegen die kampfstarken Brühler aber keine ernsthafte Durchschlagskraft. Immer lautstarker fingen die Gäste an die Schiedsrichterentschiede zu kommentieren.

Nach mehrfacher Ermahnung verwies der Unparteiische schliesslich den Trainer des FC Amriswil vom Platz. Für die Gäste lief das Spiel überhaupt nicht Plan. Niemand hatte mit einer derartigen Gegenwehr der Brühler gerechnet.

Das Heimteam war in allen Belangen die bessere Mannschaft. Gleich mehrmals lag sogar der Führungstreffer in der Luft. Ein Kopfball von Fabio Kleinheinz flog nur Millimeter am Tor vorbei. Eine Situation später kam er bei einem Abpraller einen Schritt zu spät.

Die Gäste agierten häufig mit hohen Bällen hinter die Brühler Abwehr. Vor allem Angriffe über die rechte Seite wurden sehr schnell vorgetragen. Dreimal trafen die Gäste das Aluminium. In diesen Situationen hatte der SC Brühl 2 das nötige Wettkampfglück.

Samet Ceran, der für den abwesenden Remo Kleinheinz spielte, zeigte eine hervorragende Leistung. Ebenso Andreas Frrokaj, der im zentralen Mittelfeld zum Einsatz kam. Die beiden A-Junioren waren eine sichtliche Verstärkung für das personalgeschwächte Heimteam. 

0:0 hiess es zur Pause.

2. Halbzeit:

Kurz nach Wiederanpfiff verpasste Fabrizio Bonazza nach toller Vorarbeit von Adrian Zwick die 1:0 Führung.

Die Gäste wurden zunehmend unruhiger. In der 58. Minute wurde nach einer Tätlichkeit an Brühls Nicolas Welte (Ball ins Gesicht geschlagen) der Amriswiler Mustafi Shpendi mit einer roten Karte vom Platz geschickt.

Der SC Brühl 2 spielte jetzt sogar in Überzahl. Trainer Pascal Frommenwiler liess das System unverändert. Auch 10 Amriswiler sind in der Lage ein Spiel zu gewinnen. Amriswil schaltete jetzt tatsächlich einen Gang höher. Will man diese Druckphase überstehen, dann müssen die Kronen weiterhin so geordnet und kompakt stehen.

Nach einem Eckball hatten die Gäste den Führungstreffer auf dem Fuss. Der Ball knallte an den Innenpfosten und wieder zurück in den Strafraum. Mit vereinten Kräften konnten die Brühler gerade noch den Rückstand verhindern.

Nach der Amriswiler Angriffswelle erspielte sich das Heimteam nach und nach echte Torchancen. Die Gäste hatten mittlerweile auch sichtlich ihre Mühe mit den konditionell starken Brühlern mitzuhalten. Irgendwann musste das Runde doch ins Eckige.

Und dann endlich kam das Tor! 

Eric Hug konnte sich im Strafraum entscheidend durchsetzen und brachte den SC Brühl 2 in der 75. Spielminute mit 1:0 in Führung. Der FC Amriswil warf jetzt alles nach vorne. Die Gäste lösten die Abwehr-Viererkette auf und brachten einen zusätzlichen Offensivspieler.

Das Heimteam spielte konzentriert weiter und lauerte auf Kontermöglichkeiten. Solche gab es, wurden aber zu überhastet abgeschlossen.

Das Spiel näherte sich dem Ende. Nur noch fünf Minuten zu spielen.

In der 86. Minute dann der Schock. Nach einem abgeschlossenen Angriff der Gäste wollte SCB-Torhüter Nicolai Grob wertvolle Sekunden herausholen. Er liess den Ball vor sich liegen und wartete mit dem Aufnehmen bis der Angreifer auf ihn zuläuft.

Soweit genau das, was jeder Torhüter in einer solchen Situation tun würde.

Leider wartete Nicolai Grob einen Tick zu lange. Noch bevor er den Ball sicher in den Händen hielt, bekam der Ball vom Angreifer die entscheidende Richtungsänderung und landete hinter der Linie.

Neuer Spielstand 1:1.

Das Heimteam liess den Kopf nicht hängen und spielte diszipliniert weiter. Trainer Pascal Frommenwiler stand jetzt nur noch an der Linie und feuerte seine Mannschaft an. Er sah, dass die Gäste auf dem Zahnfleisch liefen. Ein Konter kann ausreichen um doch noch den Sieg zu sichern.

In der 93. Minute dann nochmals Dramatik pur. 

Dem Heimteam gelang es mit letzter Kraft nochmals einen Konter anzusetzen. Yanik Zimmermann konnte sich am linken Flügen entscheiden durchsetzen und brachte den Ball in die Mitte. Insgesamt vier Brühler standen da – alle nicht im Abseits – und schossen zweimal den Torhüter an. Der Amriswiler Schlussmann rettete seinem Team in letzter Sekunde das Unentschieden.

Schlussresultat 1:1.

Auf dem Papier ein Unentschieden, im Herzen ein Sieg.

Immer weiter, immer weiter.

Match-Interview mit Trainer Pascal Frommenwiler:

1 Punkt gewonnen oder 2 Punkte verloren?

Diese Frage beantworte ich gerne am Ende der Saison 2014/15. Dann wissen wir, wo wir stehen.

Deine Mannschaft war sehr gut auf den FC Amriswil eingestellt. Was waren deine Vorgaben?

In der heutigen Spielvorbereitung liegen tatsächlich einige Stunden Arbeit. Ich habe jedes Spiel des Gegners analysiert und mir Informationen aus dem Internet oder sonst woher zusammengetragen.

Anschliessend habe ich meine Spieler über die Stärken des Gegners informiert und ihnen ein Rezept dazu geliefert.

Amriswil zeichnet sich nicht wegen spielerischer Komponenten aus, aber dafür umso mehr durch ihren Ruf, Härte, Entschlossenheit, Konstanz und durch ihr Selbstbild.

Sie wissen, dass sie gegen alle Mannschaften in unserer Gruppe gewinnen können und das macht sie in diesem Punkt verdientermassen zum Tabellenführer.

Unser Rezept dagegenzuhalten beschränkte sich einzig auf die oben genannten Punkte. Spielerisch wussten wir bereits vor der Partie, dass wir uns keinesfalls verstecken müssen.

Die 86. Minute mit dem groben Patzer von Nicolai Grob wird ewig in Erinnerung bleiben. Was ist dir beim Gegentreffer durch den Kopf gegangen?

Zunächst einmal gar nichts, dann folgte eine kurze Leere und später schmerzte es tief in meinem SCB 2 – Fussballherzen.

Ich sehe die Szene jetzt noch vor mir. Sie läuft in einer Endlosschleife ab.

Vergangene Niederlagen wie gegen FC Arbon habe mich gelernt irgendwelche Emotionen per Knopfdruck abzustellen. Ich dachte mir: dann verdammt nochmal halt in der Nachspielzeit zum Sieg!

Bei aller Enttäuschung bitte ich aber auch an Nico zu denken. Wir stehen hinter unserem Torhüter.

Wir gewinnen als Mannschaft, wir verlieren als Mannschaft.

Man sagt, dass dir derartige Pulverfass-Spiele gefallen. Ist das so?

Sagt man das? Hahaha!

Ja, das ist so.

Solche Spiele zwingen dich als Trainer blitzschnelle Entscheidungen zu treffen. 90 Minuten, in denen alles, egal ob erwartet oder unerwartet, abverlangt wird. Dazu kommt, dass man gegen einen Tabellenführer sowieso schon einer mentalen Hürde ausgesetzt ist. Das gefällt mir.

Schlusswort?

Ich bin stolz auf die Mannschaft!

Niemand hat es von uns erwartet, dass wir eine derartige Antwort parat haben.

Totgeglaubte leben länger.

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