SC Brühl – FC Appenzell 3:2 (0:0)

Bei traumhaften Wetterbedingungen durften die Kronen der 5. Liga zum ersten Heimspiel der noch jungen Saison 2012/13 einladen. In der letzten Saison verlor man gegen die Innerrhödler sang und klanglos jeweils mit 7:0 und 8:1. Die Appenzeller gingen klar als Favorit in dieses Spiel. Kann der SC Brühl gegen das fussballerische Schwergewicht aus dem Innerrhoden tatsächlich standhalten oder folgt jetzt nach dem kurzen Höhenflug in Urnäsch schon der Knockout?

Trainer Pascal Frommenwiler liess seine Mannschaft um 10.15 Uhr im Paul-Grüninger-Stadion versammeln. Bevor es um 13.00 Uhr losgehen konnte standen noch zwei Pflichttermine auf dem Programm. Die Ökumenische Gemeinde Halden lud die Mannschaft zum Gottendienst ein. Das Team wurde gesegnet und erhielt viel Zuspruch der Anwesenden. Trainer Frommenwiler und Teambetreuer Khouzami waren zu diesem Zeitpunkt längst mit den Spielvorbereitungen beschäftigt. Aus der Ferne verfolgten sie ein paar Minuten, wie sich die Spieler den Fragen der Ökumenischen Gemeinde Halden stellten. Alles in allem ein gelungener Auftritt und eine schöne Aktion dazu.  

Um 11.30 Uhr hatte die Mannschaft dann noch den zweiten und letzten Termin beim Brühler Fotografen Kurt Frischknecht. 1, 2, 3 Spaghetti… 1, 2, 3 Corona… Das neue Mannschaftsfoto war im Kasten. Anschliessend wurden noch Spielerportraits gemacht. Dank dem Einsatz von Kurt Frischknecht ist der SCB 2 nun endlich wieder mit optimalen Bildmaterial ausgestattet.

Das Team traf dann um 11.50 Uhr in der Kabine zur ordentlichen Mannschaftsbesprechung ein. Die Besprechung dauerte knapp zehn Minuten. Wesentliches zur Taktik hatte man während der Trainingswoche schon aufgearbeitet. In Sachen Taktik sprach Frommenwiler einzig und alleine über die Ordnung und das saubere Positionsspiel, mehr nicht. Sein Augenmerk legte er viel mehr auf den mentalen Bereich. Er machte den Spielern unmissverständlich klar, dass man mit etwas Zählbarem am Schluss allen zeigen kann, dass der Sieg gegen den FC Urnäsch kein Zufallsprodukt war. Frommenwiler machte dazu die Aussage: Halt deine Freunde nah, aber deine Feinde noch viel näher! Heisst so viel wie, dass das Team mit guten Leistungen auch den letzten Kritiker zu einem echten SCB 2 Fan machen soll/muss. Nach der Mannschaftsbesprechung fand das Aufwärmen statt. Es folgte Laufschule, eine Spielform zum Kurzpassspiel und individuelles Stretching.

Schiedsrichter Patrick Gsell pfiff die Partie um 13.00 Uhr an. Brühl hatte zunächst Mühe in die Gänge zu kommen. Der FC Appenzell zündete während der ersten 15 Spielminuten offensiv ein richtiges Feuerwerk. Das Spiel fand hauptsächlich nur in der Platzhälfte des Gastgebers statt. Appenzell tauchte gefährlich oft vor dem Kasten von Marius Casaulta auf.

So ab Minute 20 fanden dann auch die Kronen die nötige Spielsicherheit. Das Umschalten von 4-3-2-1 in 4-5-1 fing an zu funktionieren. Der SC Brühl drückte weiter aufs Gaspedal und erarbeitete sich vielversprechende Torchancen. Einmal konnte Appenzells Torhüter den Ball gerade noch an die Querlatte abfälschen. Die Kronen waren jetzt definitiv am Drücker und zwangen dem FC Appenzell ihr Spiel auf. Von Füsschen hinhalten, Fehlpässen oder mangelnden Spielideen war nichts mehr zu sehen. Phasenweise konnten Sequenzen aus dem Training 1:1 in die Tat umgesetzt werden. Auch bei Fabrizio Bonazza und Joël Coka waren plötzlich Bewegungsabläufe richtiger Stürmer zu erkennen. Mit Rhythmuswechsel und Zick-Zack-Läufen im Strafraum rissen sie die Appenzeller Viererkette gleich mehrmals auseinander. Es hätte keinen der knapp 100 Zuschauer verwundert, wenn der SCB 2 zur Pause geführt hätte. Die Handschrift der Kronen war klar zu lesen: Diesmal stampfen wir euch in den Boden! 0:0 hiess es zur Pause.

Es ist bekannt, dass bei Trainer Pascal Frommenwiler vieles ein wenig anders ist als vielleicht gewohnt. Für die Pausenbesprechung setzte er sich mit der Mannschaft in den Strafraum, in dem es in den kommenden 45 Minuten zur Sache gehen sollte. Er zupfte am Tornetz und sagte dem Team, dass man alles reinwerfen muss, damit das Netz genauso zappelt. Ebenso fügte er an, dass er zu Beginn der Partie einen Punkt gerne unterschrieben hätte. Jetzt aber nicht mehr, denn drei Punkte seien durchaus möglich. 

Schiri Gsell eröffnete die zweite Halbzeit. Der SC Brühl fand gut ins Spiel und machte dort weiter, wo man zum Pausenpfiff aufgehört hatte. Wieder liessen die Kronen Chancen zum verdienten Führungstreffer ungenutzt liegen. Die letzte Konsequenz im Abschluss fehlte noch.

Dann war es endlich soweit: Nach Ballgewinn erfolgte die sofortige Angriffsauslösung aus dem defensivem Mittelfeld. Es folgte das Zuspiel auf den Flügelflitzer Niklas Roelli. Nach einer perfekten Ballan- und mitnahme nahm dieser auf der linken Aussenseite Tempo auf. Mit einem kurzem Richtungswechsel konnte er einer drohenden 1:1-Situation und gleichzeitigen Angriffsunterbindung seitens Appenzell ausweichen und zog dann aus gut 25 Metern ab. Endlich schlug die Kugel im Kasten von Appenzell ein. Niklas Roelli, den Frommenwiler aus seiner Zeit beim FC Rotmonten mitgenommen hat, schoss im zweiten 5. Ligaspiel seinen ersten Treffer. Die Führung war verdient, darin bestand gar keine Diskussion.

Über weite Strecken der zweiten Halbzeit fiel der FC Appenzell eigentlich nur noch wegen groben Fouls, unsportlichem Verhalten der Trainer, dem Platzverweis oder wegen der Tätlichkeit vom Appenzeller Schlussmann an Niklas Roelli auf. Nach einem abgeschlossenen Angriff brannten dem Keeper von Appenzell alle Sicherungen durch und er verpasste dem am Boden liegenden Roelli einen Fussschlag an den Oberkörper. Zum Erstaunen der Zuschauer zeigte Schiedsrichter Gsell für diese Aktion lediglich die gelbe Karte. Rot hätte es sein müssen!

Appenzell hatte die Spur völlig verloren. Brühl drückte weiter aufs Gas. Man wollte das 2:0, das zum Glück nicht lange auf sich warten liess. Erneut gewann die 5er-Kette im Mittelfeld den Ball und schaltete sofort um. Michael Wagner, den Frommenwiler ebenso vom FC Rotmonten mitgenommen hat, konnte von seiner ganzen Schnelligkeit und Ballsicherheit profitieren und gerade noch einen Abpraller des Torhüters erlaufen. Mit seiner ganzen Coolness schob Wagner den Ball zur 2:0 Führung ein.

War’s das jetzt? Eine 2:0 Führung mit einem Spieler mehr muss doch reichen, oder etwa nicht?

Fussball wäre nicht Fussball, wenn vereinzelt nicht Dinge passieren würden, die keiner mehr für möglich gehalten hätte. Man staunte sehr als man sah, dass der FC Appenzell offenbar nochmals Lunte gerochen hat. Plötzlichen waren es die Gäste, die in der Schlussphase ihre ganze Offensivabteilung mobilisierten. Zum Leidtragen der Gastgeber fand das Spiel nur noch vor dem Kasten von Marius Casaulta statt. Casaulta, der eine unglaubliche Sicherheit ausstrahlte, bewies gleich in mehreren Szenen sein ganzes Können.

Appenzell drückte aber weiter und so kam es wie es kommen musste. Für einen kurzen Moment waren die Brühler in der Defensivarbeit unkonzentriert. Der Ball landete genau im Strafraum. Niemand der Hintermänner vermochte den Ball ins Nirvana zu schiessen. Es kam zu einem Billard-Goal. Links, rechts, nach vorne, wieder zurück und dann doch hinein. Zu Spielen waren noch gut 15 Minuten.

Der SC Brühl war zu diesem Zeitpunkt in seinem Spiel längst nicht mehr sicher. Die Nervosität machte sich breit, die Kräfte liessen nach. Appenzell lancierte jetzt Angriff um Angriff. So kam es, dass eine 30 Meter Flanke einen Abnehmer im Strafraum fand. 2:2, Casaulta chancenlos. Brühl sichtlich niedergeschlagen, am Boden zerstört. Noch blieben gut 10 Minuten. Wenn die Mannschaft jetzt nicht erwacht, dann folgt womöglich noch das 2:3. Frommenwiler nahm nochmals Auswechslungen vor. Die Spannung war kaum noch auszuhalten. Das Paul-Grüninger-Stadion entwickelte sich zu einem regelrechten Hexenkessel.

Brühl hatte den Tritt wieder gefunden. Der Rückschlag schien verdaut zu sein, man glaubte noch immer an die Sensation. Appenzell zog sich nach dem Ausgleichstreffer zurück. In Unterzahl einen Punkt zu holen wäre sicherlich das höchste Mass der Gefühle.

In der 89 Minute lancierten die Kronen einen möglicherweise letzten Angriff. Unmittelbar vor Appenzells Strafraum kam es zum Foul. Frommenwiler sagte an der Mannschaftsbesprechung noch, dass man Standartsituationen als Chance sehen muss. Er sagte auch, dass man nicht immer zwangläufig auf die Kiste feuern muss. Manchmal ist Gefühl das bessere Mittel.

Es kam der grosse Auftritt von Fabio Kleinheinz, der sich nach langer Verletzungspause wieder ins Team zurückgekämpft hat und bis dahin eine hervorragende Partie absolvierte. Die Stimmung war jetzt kaum noch zum aushalten. Die Augen von Trainer, Spieler, Zuschauer waren alles samt auf Fabio gerichtet. Was Fabio mit dem Ball so alles anstellen kann ist längst bekannt. Die Frage war eher, wie es mit dem Nervenkostüm von Kleinheinz bestellt ist? Kann er dem Druck standhalten? Es war alles still, man hätte eine Stecknadel auf den Boden fallen hören.

Schiedsrichter Patrick Gsell gab das Spiel frei. Fabio machte ein zwei Schritte und schlenzte den Ball über die Mauer ins linke obere Eck. Traumtor! Traumtor! Traumtooooooooooooooooooooor!! Goaaaaal!! Goaaaaal!! Gooooooooooooooaaaall!! Schon fast spitzfindig  versägte er Appenzells Mauer und den Torhüter gleich mit. Im Paul-Grüninger-Stadion war jetzt die Hölle los. Die Führung war wieder hergestellt. Nur noch wenige Minuten bis zum Sieg.

Die reguläre Spielzeit war um, die langen Minuten der Nachspielzeit nahmen ihren Lauf. In der 93. Spielminute hatten die Kronen dann nochmals so richtigen Dusel. Nicolas Welte, auch ihn nahm Frommenwiler vom FC Rotmonten mit, konnte in letzter Sekunde noch auf der Linie klären. Der Ball hätte ansonsten gepasst.

Nach fast fünf Nachspielminuten beendete Schiri Gsell die Partie und erlöste die Kronen. Zweites Spiel, zweiter Sieg!

PF PRO SOCCER sprach am Abend noch mit Trainer Pascal Frommenwiler.

Zweites Spiel, zweiter Sieg. Hättest du das gedacht?

Nein, ganz ehrlich nicht. Gegen Urnäsch hätte ich unterschrieben, dass wir drei Punkte holen. Aber Appenzell ist schon noch ein anderes Kaliber als Urnäsch. Damit will ich Urnäsch auf keinen Fall abwerten. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass der FC Appenzell noch in der letzten Saison meine Mannschaft mit 15:1 Toren abschoss. Das glich schon fast einem Egoshooter.

6 Punkte stehen nach zwei Spieltagen auf dem Konto. Gleich viel wie bei deinen Vorgängern nach 20 Meisterschaftsspielen. Empfindet man da eine kleine Schadenfreude?

Nein, sicher nicht! Mein Interesse galt schon früher als Zuschauer dieser Mannschaft. Da kennt man keine Schadenfreude, wenn man als Trainer bessere Resultate als seine Vorgänger erzielt. Ich habe vollstes Vertrauen in meine Fähigkeiten als Trainer. Ich weiss was ich kann und was ich will. Trainer und Mannschaft harmonieren hervorragend.

Es soll aber ja niemand glauben, dass bei uns immer alles schön brav zu und her geht. Beispielsweise verhielt sich die Mannschaft im ersten Training nach dem Sieg gegen Urnäsch völlig unprofessionell. Ich habe dem Team anschliessend gesagt, dass ich ein solches Nonchalances zukünftig nicht mehr dulden werde.

Mit den zwei Siegen bestätige ich nur das, was ich schon vor der Saison gesagt habe. Dass ich es besser mache als meine Vorgänger. Und genau das werde ich und genau das tue ich.

Du bist nicht gerade der Trainer, der sich vom Gegner alles sagen lässt. Was war da los als es bei dir vor der Trainerbank zum Einwurf kam?

Nicht viel. Es kam zu einem Zweikampf knapp an der Seitenlinie. Der Ball rollte über Linie, ich sah das und sagte Out. Anschliessend habe ich mich umgedreht und lief zur Trainerbank. Der Spieler von Appenzell schoss den Ball nach mir und versuchte mich zu treffen. Ich glaube da ist es verständlich, dass ich ihm noch einen verbalen Leckerbissen mit auf den Weg gegeben habe. Aber alles halb so wild. Der Schiedsrichter verwarnte den Spieler und es konnte weitergehen.

Das was mir der gegnerische Trainer alles an den Kopf geworfen hat habe ich wegen des Dialekts leider nicht verstanden. Eines weiss ich jetzt aber, eeer söönd heisst glaube ich ihr seid, oder? Emotionen gehören zum Fussball. Obwohl, dass mir der Trainer von Appenzell nach dem Spiel vor den Augen des Schiedsrichters den Handshake verweigerte ist kindisch. Aber ganz ehrlich: geht mir ehrlich gesagt auch am voll Arsch vorbei.

Wo geht die Reise hin? Ihr habt gleich viel Punkte wie der Tabellenführer FC Winkeln!

Stop, Stop, Stop. Wir sind dankbar, dass wir bereits zwei Erfolgserlebnisse hatten. Ich will die Mannschaft so gut wie möglich in die Winterpause führen, damit wir dann in aller Ruhe nicht nur mit dem Kurzzeitgedächtnis arbeiten können, sondern die Dinge anfangen zu verstehen.

Es kommen auch wieder andere Zeiten. Deshalb ist es viel wichtiger, dass wir aus solchen Siegen Kraft schöpfen, damit es bei kommenden Niederlagen nur noch halb so schmerzt. Am nächten Wochenende spielen wir auswärts gegen den FC Neckertal-Degersheim. Wie ich gehört habe eine spielstarke junge Truppe. Sie haben „nur“ mit 2:1 gegen den FC Teufen verloren, das lässt bereits vermuten was sie drauf haben.

Gibt es im Spiel gegen den FC Degersheim-Neckertal weitere Punkte?

Wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Den FC Degersheim-Neckertal schätze ich persönlich als sehr spielstark ein. Wir versuchen uns ideal auf dieses Spiel vorzubereiten und dann nehmen wir es so wie es kommt. Entweder gewinnen wir, teilen uns die Punkte oder gehen als Verlierer nach Hause. Wichtig ist einfach, dass wir uns positiv verkaufen und das im Training Erlernte versuchen auf dem Platz umzusetzen. Vielleicht klappt’s, vielleicht aber auch nicht. Wir werden es sehen.

Willst du noch etwas hinzufügen?

Patrick Gsell pfiff eine hervorragende Partie. Er hatte die teilweise turbulenten Situationen absolut im Griff und bewies Fingerspitzengefühl in Sachen Vorteil laufen lassen usw. So macht es Spass!

Das will ich deshalb hervorheben, weil der Schiedsrichter in Urnäsch meiner Meinung nach weder das nötige Fingerspitzengefühl hatte noch einen Zweikampf von einem Foul unterscheiden konnte. Schlichtweg einfach schlecht gepfiffen hat. Gelbe Karte hier, gelbe Karte da…

Schiedsrichter Gsell aber versteht sein Handwerk, definitiv. Auch einen Schiedsrichter sollte man für seine Leistungen loben.

PF PRO SOCCER bedankt sich bei Pascal Frommenwiler für das offene Gespräch. Wir wünschen für das nächste Meisterschaftsspiel viel Erfolg.

Sportliche Grüsse

PF PRO SOCCER

Details zum Spiel:

53. Minute: 1:0 Niklas Roelli
58. Minute: 2:0 Michael Wagner
75. Minute: gelb/rote Karte FC Appenzell
76. Minute: gelbe Karte Fabio Kleinheinz
81. Minute: 2:1 FC Appenzell
85. Minute: 2:2 FC Appenzell
89. Minute: 3:2 Fabio Kleinheinz
89. Minute: gelbe Karte Fabrizio Bonazza

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